Rund um dem eigentlichen Ortskern, liegen heute sechs so genannte
Bauerschaften. Unter diesem Ausdruck versteht man den Zusammenschluss einzelner
Höfe oder Höfe in lockeren Siedlungsgruppen zum Zweck der gegenseitigen
Hilfe bei z.B. Brandbekämpfung, Schadensbeseitigung nach Überflutungen,
Hilfe bei Krankheiten, Erstellen und Instandhalten von gemeinsam genutzten Feldwegen,
etc. . Der Ausdruck kommt wohl aus dem mittelniederdeutschen Wort burschap
was soviel wie Nachbarschaft bedeutet.
Wann diese Bauerschaften entstanden
sind ist heute leider nicht mehr nachvollziehbar. In Freckenhorst, eine unweit
von Ostbevern gelegene Ortschaft, sind Bauerschaften seit Ende des 11. Jahrhunderts
nachgewiesen.
Um 1500 existierten in Ostbevern vier dieser Nachbarschaften.
Um die Kirchbauerschaft lagen im Norden die Bauerschaft Brock,
im Südosten die Bauerschaft Schirl und im Südwesten die Bauerschaft
Überwasser (Nein, eine Bauerschaft Unterwasser hat es nie
gegeben, obwohl die eine oder andere durchaus unter Überschwemmungen litt).
Diese Zusammenschlüße hielten jährlich Versammlungen unter
Vorsitz eines Bauerschaftrichters ab und waren somit durchaus organisiert. Später
hinzugekommene Bauerschaften santen noch bis Ende des 17. Jahrhunderts Vertreter
zu diesen Versammlungen und entwickelten wohl deshalb keine eigenen Verwaltungsorgane.
Man kann also mit ruhigem Gewissen behaupten, dass die Bauerschaften nicht in
Ostbevern existierten, sondern dass unsere Gemeinde aus eben diesen bestand.
Alle Bauerschaften zusammengenommen ergab damit Ostbevern.
Die Bauerschaftsversammlungen
werden in den Quellen auch oft als Bauergericht bezeichnet. Auf diesen Versammlungen
urteilte der Bauerrichter "mit Hilfe durch die Bauern selbst gefundenen
Richtersprüchen über innere Angelegenheiten der Bauerschaft wie Flur-,
Grenz- und Nachbarstreitigkeiten". Kurios oder Bauernschläue, in Einzelfällen
wurden Geldstrafen verhängt, die gesammelt und dann einmal im Jahr gemeinsam
vertrunken wurden.
Diese Bauergerichte sind immer noch nicht ganz ausgestorben. So gibt es in Münster einmal jährlich eine solche Verhandlung mit dem Namen "Tennengericht". Allerdings werden hier Menschen aus dem öffentlichen Leben "verurteilt". Es ist eine äußerst humorvolle Veranstaltung und durchaus gut besetzt. So war z.B. der aus Münster stammende und bis zu seinem Freitod im Jahr 2003 ansässige FDP Politiker Jürgen W. Möllemann, u.a. ehemaliger Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland, fast immer als Schöffe, Ankläger oder Anwalt zugegen. Der Tradition folgend, wird dort auch der größte Feind der Menschheit, der Alkohol, in großem Stil vernichtet.
Zurück zum Thema, Eingangs wurde erwähnt, dass rund
um Ostbevern sechs Bauerschaften liegen. Uns fehlen also noch nach Adam Riese
noch zwei.
Die Bauerschaft Lehmbrock entsteht aus den nördlich
der Bever gelegenen Höfen der Bauerschaft Überwasser. Vermutlich
durch Interventionen der Herren von Haus Bevern und Haus Loburg wurden etwa
ein Jahrhundert später aus den "Fronhofbezirken" die Bauerschaften
Bevern und Loburg gebildet.
Heute ist die Bauerschaft Bevern
der Ortskern und im eigentlichen Sinne keine Bauerschaft mehr (oder doch ?),
die Dorfbauerschaft existiert nach wie vor und liegt nordwestlich.
Jede Bauerschaft hat ihre eigene Geschichte:
Author: Jürgen Overlöper 2. Oktober 2000
Quellen:
Ostbevern, Beiträge zur
Geschichte und Kultur einer Gemeinde im Münsterland (Herausgeber im Auftrag
der Gemeinde Siegfried Schmieder, Warendorf 1988)
Manuskript zum Gerichtswesen
im Kirchspiel Ostbevern von Franz Meyer 1986
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Stand: 26.Dezember 2000